Zeitzeugen an der Nordwand der Zugspitze
Text: Leila Steiner
Fotos: Teilnehmende
4. Juli 2024
Statt Schneewühlen am Bietschhorn
Der üppige Schneefall im Winter hat in den Alpen seine Spuren hinterlassen. Deshalb haben wir unsere geplante Bietschhorn-Überschreitung kurzerhand verworfen. Sandra hat bereits länger mit der Route «Eisenzeit», der Nordwandbegehung des höchsten deutschen Gipfels geliebäugelt und diese Tour als Alternative in den Raum geworfen. Brillante Idee – da waren sich alle Teilnehmenden schnell einig, dass anstelle von Schneewühlen mit unbekanntem Ausgang, eine interessante historische Route an der Zugspitze, die reizvollere Variante sein würde. Wir wurden von diesem Vorhaben nicht enttäuscht – im Gegenteil, diese anspruchsvolle und vor allem lange Klettertour mit 2000 zu bewältigenden Höhenmetern im Aufstieg, waren die Schweisstropfen und müden Beine mehr als Wert.
So starten wir am Donnerstag in Richtung Bayern. Nach einem kurzen Kaffeestopp entschieden wir uns für eine leichte Einwärmtour am Hausberg von Oberammergau, dem Kofel. Nach der Weiterfahrt nach Ehwald genossen wir einen feinen Znacht und waren so gestärkt für den nächsten Tag.
Gespannt auf die Erlebnisse des Tages starteten wir frühmorgens erst über die Skipiste stetig höher in Richtung der felsigen Nordwand. Nach kurzem Stopp bei der Bergstation Riffelriss ging es weiter. Zu Beginn noch etwas in den Wolken wurde die Sicht immer besser und das Gelände steiler. Auf schmalen Bändern schlängelt sich der Weg die Wand hinauf und schon nach kurzer Zeit treffen wir auf die ersten Eisenhaken und Drahtseile, die man aber besser nicht mehr benutzen sollte. Der Steig erleichterte den Tunnelbauern der Bayrischen Zugspitzenbahn in den 30-er Jahren den Aufstieg durch die senkrechte Wand. Wir erreichen die Harakiri-Leiter – der Name ist Programm, denn sehr stabil wirkt das alte Ding nicht mehr. Trotzdem hilft sie bei der Überwindung der Stelle. Kurz danach erreichen wir die eindrücklichen alten Tunnelfenster, in welchen die Arbeiter geschützt die Nächte am Berg verbringen und mit herrlicher Aussicht den Tag mit einem Bier ausklingen lassen konnten. Das Bier stand ihnen tatsächlich vertraglich zu.
Wir nahmen die weitere Route in Angriff, stets steil und ausgesetzt mit einigen Kletterpassagen bis max. im IV Schwierigkeitsgrad. Die anspruchsvolle Routenfindung erforderten immer mal wieder den Blick auf das sehr gute Topo. Wenige Bohrhaken an den schwierigen Stellen erleichterten die Wegfindung, sofern man sie denn rechtzeitig ausmachen konnte. Die Tour bot eine rege Abwechslung der Sicherungstechnik von der Standplatzsicherung zum Gehen am kurzen Seil oder Stücke, die seilfrei machbar waren. So erreichten wir den Riffelgrat mit Tiefblick auf den Höllental-Klettersteig, zu dem wir abseilten. Über den Klettersteig gelangten wir (nicht mehr ganz alleine) nach weiteren 300 Höhenmetern den Zugspitzgipfel. Zufrieden gelangten wir mit Hilfe der Bahn rasch zurück ins Tal.