Skitourentage in St. Antönien

Text: Hanspeter Nef

4. und 5. Februar 2025

Skitourentage in St. Antönien

Es brauchte schon viel früher viel Zuversicht, im wintergrünen Appenzellerland zu glauben, in St. Antönien habe es genügend schönen Schnee für uns. Heuer erst recht, hat doch 1. die Zahl der Tourenfahrer in den letzten Jahren stark zugenommen, und 2. konzentrieren sich diese auf leicht erreichbare Gebiete mit günstigen Schneeverhältnissen. Touren um St. Antönien habe ich seit Jahrzehnten gemacht und weiss deshalb, welche die beliebtesten sind und wo man noch am ehesten Chancen hat, un- oder wenig verfahrenen Schnee zu finden.

Unser Tourenleiter Jürg Harzenmoser hat vorbildlich in den Tagen davor Unterkunft und Touren ausgekundschaftet und seine sieben Schäfchen mit Umsicht geführt. Wer wie er, mein Freund Christian und ich mit ö.V. anreiste, musste allerdings einrechnen, dass diese Anreise weit mehr als doppelt so lang dauert, als wenn man’s im Auto macht und vom Park-platz gleich loslaufen kann. Hingegen endet der ö.V. in der Nähe der Kirche, und den über-langen Kilometer bis zu den Autoparkplätzen muss man sich dazuverdienen. Doch dafür wird man am Ende belohnt: wenn man nach den Tourentagen bequem im Zugsabteil an der stockenden oder gar stehenden Autokolonne vorbeisaust, in der die Zürcher nach dem langen Tag zwecklos heimwärts drängen.

Unsere fünf Kameraden sind schon da, als wir von der Endstation aufkreuzen, und los geht’s von der Litzirüti ins nach SW ziehende Tälchen, in einer der zahlreichen Aufstiegsspuren. Plötzlich höre ich, dem Hauptharst etwas voraus, einen Mordslärm hinter mir. Eine Frau bellt meine verdutzten Kameraden an, die in einer Vorgänger-Spur arglos an ihrem Haus vorbei-ziehen wollen: Das gehöre sich nicht, so nah an ihrem Haus vorbeizuziehen. Das könnte ihre Gäste wecken usw. usf. – Der Auftritt bzw. Anschiss sorgt für vergnüglichen Gesprächsstoff bei uns und hat vermutlich ihre Gäste erfolgreicher geweckt als unser Vorbeimarsch. Jürg führt uns ins Tälchen hinein bis zum Brücklein, von dem wir den restlos verfahrenen Hang unterhalb des aufragenden Schollbergs an mehreren verstreuten Hüttchen vorbei zu unserem Tagesziel Spitzenbüel (Pt. 2194 m) aufsteigen. Mittagsrast im Sonnenschein. Die Abfahrt in Richtung Partnun überrascht durch schönen, erst wenig verfahrenen Pulverschnee. Jürg findet zuverlässig die Stelle, wo schon andere mit wenig Mühe über den Talbach gefunden haben. Bald treffen wir im Berghaus Sulzfluh ein, wo uns freundlicher Empfang, Sonnen-schein an der Hauswand, ein tadellos sauberes Lager, Getränke aller Art, appetitlich Gebackenes, ein riesiges Warmwasserfass und sogar eine Sauna erwarten. Das Nachtessen kommt mit seinen fleischlichen «Spurenelementen» meinem Magen allerdings ziemlich vegan vor. Andere geniessen es.

Für den zweiten Tag hat sich Jürg den Girenspitz (2369 m) auf der sonnigen Talseite vorgenommen. Vom Brücklein über den Talbach mässig ansteigend westwärts auf unser Tagesziel zu. Von weitem sieht man, dass auch die Gipfel bzw. der Grat, der sie verbindet, schon von zahlreichen Vorgängern bestiegen worden sind. Aber das suchende Auge stellt mit Wohlgefallen fest, dass noch da und dort Platz für unsere Fahrkünste bleibt. Nach einer Rast führt uns Jürg zum Grat hinauf und hinter diesem auf den Gipfel. Schöne Rundsicht, gute Stimmung. Man freut sich aufs Hinunterkurven. Wenn man sich schattigere Tälchen aussucht, findet man oft, wonach der Sinn steht. Nach der Mittagsrast beschliesse ich mit Christian – weil wir beide einen weiteren Tag bleiben wollen -, nochmals zum Grat aufzusteigen, um unbefahrene Passagen zu geniessen. Unsere Kameraden fahren hingegen in Richtung Park-plätze ab, dies in der Hoffnung, heimwärts zu gelangen, bevor der grosse Stau beginnt.
Erneut sind wir zeitig zurück, geniessen Sonne, Bier und Kuchen und freuen uns auf den Zusatztag. Der führt uns auf den vielbesuchten Rotspitz (2517 m). Wir sind zwar nicht die einzigen, aber auch an diesem Tag finden wir noch einige Strecken, die die Abfahrt lohnen. – Zu unserem Glück besteht sogar die skifahrende Menschheit zum grössten Teil aus Leuten, die am liebsten machen, was fast alle andern auch tun.

N.B. Auch wer mit dem ö.V. fährt, kann Pech haben: Als wir nach Landquart zurückkommen, heisst es, unser Zug fahre nicht: Störung zwischen Sargans und Buchs. Im Bahnhof Landquart etwas trinken, wo denn? Aber zum Glück erinnere ich mich, dass es in unmittelbarer Nähe ja so ein Einkaufsdörfli gibt. In der Tat: Da ist ein Starbucks, mit ziemlich viel Volk, dazu noch wir zwei. Ungeplantes Einkaufserlebnis der Sonderklasse: Da wollen sie sogar unseren Namen erfahren. So berühmt sind wir zwei! (Aber Autogramme gaben wir nicht.)